Agile Organisationsentwicklung

Wie lässt sich eine Organisation agil entwickeln? Auf der Basis von John Kotter’s Veränderungsmodell haben wir eine vereinfachte Form der Intervention entwickelt, die sich in sechs Phasen zusammenfassen lässt:

Agile Organisationsentwicklung

Was können Sie tun, um Ihre Organisation agil zu entwickeln? Wenn Sie den folgenden 6 Schritten folgen, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie die betroffenen Menschen zu Beteiligten machen.

1. Energie darstellen

Zunächst muss allen Beteiligten klar sein, warum sich die Organisation ändern muss, warum dies gerade jetzt notwendig ist und was ihr Nutzen daraus ist. Es gibt verschiedene Formen, wie diese Ursprungsenergie entstehen kann:

  • Druck (Chase)
    John P. Kotter nennt hier vom „Sense of Urgency„, dem Dringlichkeitssinn. Was müssen wir verhindern? Worauf gilt es, zu reagieren? Was ist das Problem das wir dringend beheben müssen? Diese Energie kommt von hinten: die Menschen werden quasi dazu gedrängt, etwas zu tun.
  • Sog (Call)
    Aus der Verhaltensökonomie ist bekannt, dass Menschen viel mehr Sorge und Angst davor haben, etwas zu verlieren, als Hoffung und Freude darauf, etwas zu gewinnen. Doch gleichzeitig ist reaktive Energie wengier stark als aktive. Tiefgreifende Veränderung brauchen somit auch einen Sog. Kotter nennt dies „Sense of Vision„. Diese Energie kommt von vorne: die Menschen werden zu etwas hingezogen.
  • Innerer Antrieb (Cause)
    Was ist unser „Cause“, unserer „Reason Why“? Wofür sind wir bereit, einzustehen und uns zu investieren, selbst im Wissen, dass es nicht einfach sein wird, das avisierte Ziel zu erreichen? Hier redet man vom „Sense of Purpose„, vom Sinn und Zweck eines Unternehmens. Der innere Antrieb kommt aus der Tiefe, aus einem selbst hinaus.

Es geht nun nicht immer darum, neue Energie zu schaffen. Oft ist sie bereits vorhanden – allerdings ist sie zu wenig sichtbar. Zentral ist es in unserer Erfahrung, wenn wir mit Transformationsprozessen dort ansetzen, wo die Energie heute bereits hoch ist – also ressourcenorientiert vorgehen. Wer dies messen will, kann auf organisationaler Ebene den Transformations-Check einsetzen.

2. Tragende Koalition bilden

Um die Veränderung voranzutreiben, braucht es Ambassadoren. In dieser Phase wird eine Gruppe von Personen zusammengestellt, die im Unternehmen wirksam die Veränderung begleitet.

3. Strategische Vision und Initiativen entwickeln

Die Koalition sorgt für eine gemeinsam getragene Vision für Veränderung. Die in Phase 1 geschaffene Energie macht ja erst einmal nur deutlich, dass sich die Organisation bewegen muss. Er lässt aber offen, wohin. Die Phase 3 gibt Richtung und füllt die Energie mit Leben. Wichtig dabei ist bereits ein Ausblick darauf, was konkret die Mitarbeitenden erwartet. Bei ProMove TM erarbeiten wir an dieser Stelle immer Ideen, wovon sich Mitarbeitende verabschieden dürfen, damit überhaupt erst Platz für strategische Visionen und Initiativen entsteht (vergleiche auch Phase 4). Hilfreich kann an dieser Stelle sein, die 20 Ticks zu nutzen.

4. Aktion ermöglichen durch Abbau von Hindernissen

Es gibt kein Vorwärtskommen ohne Reibung. Die meisten Transformationsprojekte idealisieren die Kompetenz ihres Systems, mit Widerständen fertig zu werden. Idealerweise wurden Barrieren für die Transformation schon früher im Prozess entfernt. Erfahrungsgemäss ist dies jedoch kaum je stringent erfolgt. Das Unternehmen hat wahrscheinlich weiterhin Strukturen, die Veränderung erheblich erschweren wenn nicht gleich verunmöglichen. Nun ist es an der Zeit, diese, soweit es geht, abzubauen, ansonsten die «Tragende Koalition» desillusioniert wird und sich wahrscheinlich wenig ändert.

Mindestens so wichtig wie der Abbau struktureller Hemmnisse ist es in dieser Phase nun aber auch, den Menschen zu helfen, ihre inneren Widerstände gegenüber Veränderungen zu überwinden. Die Erfahrung zeigt, dass Veränderungen aufgrund von vier hauptsächlichen Gründen scheitern:

  • Selbstinteresse
    Die Menschen befürchten, in der neuen Situation ihre Identität und Werte aufgeben zu müssen sowie an Macht, Einfluss und Status einzubüssen. Es gilt dies zu thematisieren und herauszustreichen, welchen Gewinn Einzelne von der neuen Situation haben können.
  • Mangel an Vertrauen
    Menschen haben oft kein Vertraun gegenüber Führungskräften und den mit der Transformation Beauftragten. Hier geht es darum, die Einwände der Mitarbeitenden ernst zu nehmen und auszuloten, was die Führungscrew tun kan, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen bzw. aufrechtzuerhalten.
  • Unterschiedliche Wahrnehmungen
    Jeder Mensch hat seine eigene Sicht auf die Dinge. Der Fokus der Führungskräfte unterscheidet sich meist doch erheblich vom Fokus der Mitarbeitenden. Hier gilt es, unterschiedliche Wahrnehmungen sichtbar zu machen und gemeinsam zu vereinenden Antworten zu kommen.
  • Angst
    Der oftmals tiefste Grund für Widerstände gegenüber Veränderungen liegt in versteckten Ängsten. Selten wird über Ängste gesprochen in Veränderungsprozessen. Wenn wir das jedoch tun, erlauben wir den beteiligten Menschen und sich Menschen getrauen, offen über ihre Gefühle zu sprechen, öffnet sich oft der Weg nach vorne.

Ein sehr wirkungsvoller Weg, die vier Widerstände zu bearbeiten, ist es, die beteiligten Menschen selbst Geschichten zur Transformation schreiben zu lassen. Was bedeutet die Veränderung für sie? Was bringt ihnen das Ganze? Welche Widerstände gilt es zu überwinden und wie meistern sie diese? Wie würden Sie ihr Verhalten dabei beschreiben? Ein persönliches „Heldenepos„ gibt den Menschen die Chance, den individuellen Weg für die Transformation zu finden.

5. Kurzfristige Gewinne sichtbar machen

Veränderungsarbeit ist anstrengend und muss häufig zusätzlich zur bestehenden Arbeit erbracht werden. Aus diesem Grund erarbeiten wir bei ProMove TM bereits früh in Transformationsprozessen konkrete Ideen, wovon sich Mitarbeitende verabschieden dürfen (vgl. auch Phase 3). In jedem Fall ist es hilfreich, Erfolge rasch sichtbar zu machen. So können Mitarbeitende, die Veränderungsarbeit leisten, ihre eigene Wirksamkeit spüren. Zumindest einige Skeptiker werden durch echte Erfolge überzeugt. Auch der Projektsponsor wird zufrieden sein, wenn er Erfolge vorweisen kann. Ohne kurzfristige Erfolge besteht die Gefahr, dass Veränderungsprojekte rasch wieder einschlafen.

6. Transformation beschleunigen und verankern

In diesem Schritt geht es darum, die Veränderungsenergie aufrechtzuerhalten. In dieser Phase geht es, im Gegensatz zu Phase 5, um «long term wins». Change hört niemals auf. Nach dem Projekt ist vor dem Projekt. Neue Strukturen sind nicht dazu da, in Stein gemeisselt zu werden. Sie sind nur der Auftakt zu weiteren Verbesserungen. An dieser Stelle geht es um die Verankerung der Dynamik und um die Schaffung einer dauerhaften Veränderungskultur.

Wichtig scheint uns bei allen Schritten, dass wir den Fortschritt regelmässig messen und kommunizieren. Hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Ob sie den Gipfel erklimmen mit einer virtuellen Seilbahn, oder beim Empfang Plexiglas Säulen stellen, in die die Mitarbeitenden gemäss ihrer Empfindung farbige Bälle werfen: entscheidend ist, dass die Transformation sichtbar gemacht wird.